Ein Mega-Talent: Der 1996 in München geborene Bassist Nils Kugelmann gewann 2023 den begehrten Europäischen Nachwuchspreis der Jazzwoche Burghausen und bestätigt mit seinem soeben erschienenen
Debüt-Album "Stormy Beauty" seine Ausnahme-Klasse als Bandleader, Instrumentalist und Komponist ungewöhnlich eingängiger und raffinierter Stücke. Für BR-Klassik das Jazz-Album des
Monats.
DIE POESIE DER FEINSTRUKTUREN
"Stormy Beauty" Der Münchner Bassist Nils Kugelmann
Was für ein lyrischer und poetischer Anfang. Töne, die wie kleine Glaskugeln sacht eine Treppe herunter zu kullern scheinen. Und sofort fasziniert ihre schillernde Bewegung, die nie genau gleich bleibt und offenbar immer weiter geht. "About the Moment of Beginning", heißt das erste Stück dieses Albums. Schon der Titel des Stücks ist fein und poetisch. Und es ist ein auf Anhieb fesselnder Einstieg in dieses Album: "Stormy Beauty" vom Trio des Bassisten Nils Kugelmann. Als "aktuellen Senkrechtstarter der deutschen Jazzszene" hat eine Zeitung diesen jungen Münchner Musiker unlängst bezeichnet – und schön ist es, wenn ein Senkrechtstart musikalisch so raffiniert und geistvoll ist wie dieser.
MEISTERHAFTES ZUSAMMENSPIEL, FESSELNDE DETAILS
Faszinierend, wie viel in den Stücken dieses Albums – zum Beispiel dem sich sofort ins Gemüt bohrenden Titelstück "Stormy Beauty" - in wenigen Sekunden passiert: an reaktionsschneller Interaktion, an witzigen, ja sogar vorwitzigen immer neuen Details. Spannend, die vielen Stimmungswechsel Ton für Ton zu verfolgen. Meisterhaft spielen diese drei Musiker zusammen. Neben Bassist Nils Kugelmann der Bassist Luca Zambito, ebenfalls noch in seinen Zwanzigern, und der Schlagzeuger Sebastian Wolfgruber, Jahrgang 1992. Alle drei sind herausragende Musiker der Münchner Szene, die auch mit dem Europäischen Nachwuchspreis auf der Jazzwoche Burghausen 2023 auf sich aufhorchen ließen.
HINREISSEND SCHÖNE STÜCKE UND FUNKELNDE INSPIRIERTHEIT
Auch mal ein Bass-Solo Nils Kugelmanns gibt es, in augenzwinkernder Virtuosität. Doch die Hauptrolle dieses Leaders ist ganz offenbar diejenige des lustvollen Partners der anderen: ein Musiker, der Impulse gibt, Räume schafft und offenbar die Gabe hat, andere zu funkelnden Leistungen zu inspirieren. Das tut er nicht zuletzt durch seine Kompositionen: Hinreißend schön sind seine Stücke. Sie bieten einen Hörgenuss, der sich sofort erschließt, auch wenn die Kompositionen nun wirklich nicht einfach sind. Es gibt darin viele vertrackte Details, die der Band enorme Wachsamkeit und eine in jedem Augenblick punktgenaue technische Beherrschung der Instrumente abverlangt.
MAGISCHES LIEBESLIED
Nie aber wird dabei eine Passage zum Muskelspiel: Alles steht im Dienst der Stücke und ihrer zwingenden Atmosphäre. Besonders schönes Beispiel: das instrumentale Liebeslied „Song for a Golden Blossom“. Magisch: Töne als zarte, zaghafte Annäherung und als Ausdruck innig-bewegter Faszination. Jazz, der sinnlich, emotional und hochintelligent zugleich ist. Musik zum ständig staunenden Genießen – von drei Musikern, die man unbedingt weiter im Blick und im Ohr behalten sollte: Luca Zambito, Klavier, Sebastian Wolfgruber, Schlagzeug – und Nils Kugelmann, Bass – und Komposition. Große junge Meister raffinierter Schönheiten.
Text von ROLAND SPIEGEL. • 04.07. 2023 • BR KLASSIK
"A brilliant album by one of the most universal musicians in this country."
Süddeutsche Zeitung (DE)
"More than a debut, Stormy Beauty sets the stage for three new voices to engage imaginations and, hopefully, enlighten futures. "
All About Jazz (US)
"Great young masters of sophisticated beauty."
BR Klassik
"All the tracks on "Stormy Beauty" are true masterpieces [...] and this album is a must-have."
Paris Move (FR)
"Music that goes under your skin."
SWR 2
Der Jazz gilt nicht zu Unrecht als erste Musikform der Globalisierung. Dank seiner enormen Integrationskraft und Systemoffenheit wurde er in den unterschiedlichsten Regionen der Welt verstanden und als supranationales Kommunikationsmittel benutzt, sei es in Skandinavien, Neuseeland oder Aschaffenburg.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht überraschend, dass ein junger Trompeter wie Peter Somuah, geboren in Ghana, ausgebildet in Rotterdam, perfekt die Sprache eines Freddie Hubbard, Roy Hargrove oder Theo Croker beherrscht. Und doch gibt es da noch ein anderes, unsichtbares Band, das Somuahs westafrikanische Heimat mit den Urgründen der improvisierten Musik in den USA verbindet. Ghana war im 17. Jahrhundert der Hotspot der Sklavenverschiffung. Nach eigenen Worten spürte der in Accra aufgewachsene Trompeter deshalb auch eine besondere spirituelle Verbindung, als er zum ersten Mal Miles Davis hörte.
„Letter To The Universe“ ist gleichwohl kein schwermütiges Sinnieren über die Gräuel der Vergangenheit, sondern eine Feier der daraus zum Trotz und Trost entstandenen Musikvielfalt. Mit seinem niederländischen Sextett und Gastmusikern wie der ghanaischen Sprechgesangslegende Gyedu-Blay Ambolley oder dem Griot Stevo Atambire und seiner zweisaitigen Kologo-Laute baut Somuah lauter fröhlich schwingende Brücken zwischen Westafrika und dem urbanen Fusionjazz aus aller Welt.
Seiner Beeinflussung durch die Musiktraditionen seiner Heimat – wie etwa die Highlife-Klänge eines E. T. Mensah, die Rhythmen der Ashanti Region oder der raue Frafra-Stil aus dem Norden Ghanas –
gibt Somuah dabei ähnlich viel Raum wie seiner Begeisterung für die rhodesgeschwängerten Sounds des Rockjazz aus den Seventies oder der entspannt-melodiösen Bar-Beschallung der Gegenwart. Und so
erweist sich der Trompeter als würdiger Nachfolger von Fela Kuti, Tony Allen oder Manu Dibango in der Vermittlerrolle zwischen Ursprung und Zukunft der Jazz-DNS.
Josef Engels, 03.06.2023 / RONDO MAGAZIN